Bahn frei für die Machbarkeitsstudien zur U10 und zur Berliner Allee

Am vorletzten Novemberabend herrschen draußen winterliche Temperaturen. Darüber hinaus schmückt eine Schneedecke die Straßenzüge von Weißensee. Im warmen Katharinensaal an der Berliner Allee ist nicht nur die Dichte von Mänteln an den Kleiderständern hoch, sondern auch die der anwesenden Prominenz. Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) folgte der Einladung unserer SPD-Abteilung, parteiübergreifend über verkehrspolitische Projekte wie die zukünftige ÖPNV-Anbindung des Blankenburger Südens, die U-Bahnlinie 10 nach Weißensee und die Neugestaltung der Berliner Allee zu sprechen.

(vlnr.) Dennis Buchner (SPD, Vizepräsident AGH Berlin), Georg Heyn (Vorsitzender SPD Weißensee), Manja Schreiner (CDU, Verkehrssenatorin Berlin), Tino Schopf (verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im AGH)

Wer sich den Plan des S- und U-Bahnnetzes Berlins anschaut, wird feststellen: Besonders der Nordosten der Stadt befindet sich bei der Anbindung durch diese beiden wichtigen Träger des Berliner ÖPNV auf dem Abstellgleis. Gut, jetzt könnte man dem eine Karte des Berliner Straßenbahnnetzes entgegenhalten. Optisch füllt die Straßenbahn die weißen Flecken aus, die S- und U-Bahn in weiten Teilen des Berliner Nordostens hinterlassen. Aber nur optisch. Denn im Alltag wird deutlich, dass die Straßenbahn alleine dem massiven Bevölkerungswachstum von Ortsteilen wie Blankenburg-Süd und Weißensee schon jetzt nicht mehr gewachsen ist. Wir als SPD Weißensee fordern deshalb schon lange, bei der Verkehrsanbindung größer zu denken.

Blankenburger Süden: Mit der Tram ins Zentrum und mit der U9 in die City-West

Dennis Buchner, unser SPD-Abgeordneter für Weißensee-Nord, die Stadtrandsiedlung Malchow und Blankenburg, macht deutlich: „In den letzten zwei Jahrzehnten ist Pankow um fast 100.000 Menschen gewachsen. Der ÖPNV jedoch ist im Verhältnis kaum mitgewachsen.” Mit der Entstehung des neuen Stadtquartiers im Blankenburger Süden (4000 neue Wohnungen) sowie weiteren 4000 Wohnungen auf dem heutigen Gewerbegebiet Heinersdorf (beides voraussichtlich ab 2030) soll der ÖPNV nun endlich mitwachsen.

Verkehrssenatorin Schreiner erklärt, wie dies gelingen kann: Um das Stadtquartier mit dem Zentrum zu verbinden, soll die Straßenbahnlinie M2 ab 2030 nicht mehr bereits in Heinersdorf enden, sondern bis in den Blankenburger Süden verlängert werden. In dem Gebiet ist ebenfalls ein Straßenbahnbetriebshof geplant. Perspektivisch wird auch die Verlängerung der U9 über die Osloer Straße bis nach Blankenburg in einer Machbarkeitsstudie  untersucht, damit Fahrgäste vom Nordosten bis nach Steglitz ohne Umstieg durchfahren können.

Realistischerweise ist bei U-Bahn-Projekten dieser Größenordnung mit einer Bauzeit von bis zu 20 Jahren (Planungsbeginn bis Fertigstellung) zu kalkulieren, sodass frühestens ab 2040 eine Inbetriebnahme möglich wäre.

Dennis Buchner zeigt sich von dem Konzept überzeugt und verdeutlicht, wie konstruktiv die neue Koalition beim ÖPNV-Ausbau zusammenarbeitet: „Wir haben mit dem aktuellen Koalitionspartner in drei Sitzungen zu dem Thema schon mehr erarbeiten können als mit den Grünen in sechs Jahren.”

Neuer Anlauf für die U10 nach Weißensee: Aller guten Dinge sind drei?

Zunächst war da der 200-Kilometer-Plan für den Ausbau des Berliner U-Bahnnetzes in den 1950er-Jahren, der unter anderem eine Nordost-Südwest-Verbindung per U-Bahn über Weißensee vorsah. Die Teilung der Stadt im Jahr 1961 vereitelte aber diese Umsetzung. Einige Jahre nach der Wiedervereinigung wurde ein zweiter Anlauf für die U10 unternommen, dieser wurde jedoch zugunsten des Baus der U3 verworfen. Heute, circa 30 Jahre später, erfolgt nun der dritte Anlauf. Dieser ist nötig, da der enorme Wachstumsboom vieler Pankower Ortsteile auch Weißensee aus seinem langen Dornröschenschlaf weckte. 

Tino Schopf, unser direkt gewählter SPD-Abgeordneter für Prenzlauer Berg Ost und das Komponistenviertel in Weißensee, welches südlich unmittelbar an der Berliner Allee anliegt, ist sich der zugespitzten Situation sehr bewusst. Immer mehr Menschen pendeln in das Zentrum Berlins. Wer mit dem Auto fährt, bleibt auf dem Nadelöhr Berliner Allee oft im Stau stecken. Wer dagegen auf den ÖPNV angewiesen ist, dessen einzige und schnellste Möglichkeit stellt die Straßenbahnlinie M4 dar. Sie fungiert entweder als Zubringer zur S-Bahn-Station Greifswalder Straße oder als Direktverbindung zum Alexanderplatz. 

Seit längerem „pfeift die M4 aber aus dem letzten Loch”, so verdeutlicht Tino Schopf die angespannte Situation. Selbst die Drei-Minuten-Taktung zu Stoßzeiten reicht nicht aus, die Bahnen sind trotzdem brechend voll. Denn die M4 teilt sich die Schienen im Abschnitt zwischen den Stationen Weißer See und Antonplatz auch mit den Linien 12 und M13. Eine derartige Überbeanspruchung der Gleise führt dazu, dass diese alle paar Jahre aufwändig erneuert werden müssen. Wer dann auf den M4-Busersatzverkehr über die volle Berliner Allee angewiesen ist, dem kommt vielleicht die Frage auf: „Warum haben wir hier eigentlich keine U-Bahn?”

Deshalb forderten wir als SPD bereits im Wahlkampf zur Abgeordnetenhauswahl 2021 diese U-Bahnanbindung für Weißensee. Dieser Einsatz hat nun Erfolg, denn die neue Berliner Koalition aus SPD und CDU hat die Machbarkeitsstudie für eine U-Bahn-Linie nach Berlin auf Betreiben der SPD Weißensee in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen.

Auch Tino Schopf, den sogar Verkehrssenatorin Manja Schreiner als „guten Verkehrspolitiker” hervorhebt, sieht bei der U10 mehrere Problemlösungspotentiale: „Wenn wir möchten, dass mehr Menschen vom Auto auf den ÖPNV umsteigen, müssen wir diesen einfach spürbar attraktiver machen. U-Bahn-Ausbau ist doch nichts Schlimmes.”

Perspektivisch könnte diese U-Bahn gleich drei Probleme lösen. Erstens: Mit einer schnelleren und damit attraktiveren Verbindung zum Alexanderplatz als durch die M4 würde die U10 eben diese entlasten. Die Straßenbahngleise wären langfristig nicht mehr so stark beansprucht und deren Wartungshunger wäre gelindert. 

Zweitens: Die zusätzliche Transportkapazität, die die U-Bahn schaffen würde, würde mehr Menschen den Umstieg vom Auto in den ÖPNV erleichtern. Dazu ist die M4 alleine momentan nicht fähig. Langfristig könnte somit das Verkehrsaufkommen auf der stark stauanfälligen Berliner Allee abnehmen.

Drittens: Ein unterirdischer Bahnhof mit einem möglichen Zugang am Antonplatz würde den historisch schmalen Bahnsteig der Tramstation Antonplatz entlasten, auf dem man zu Stoßzeiten eng an eng steht. Auch bei der U10 zahlt sich die Hartnäckigkeit unserer SPD-Abteilung aus: Die Linie ist nun als Machbarkeitsstudie im Berliner Haushaltsplan 2024 verankert.

Aus der Berliner CDU wurden Stimmen laut, die statt der U-Bahn eine oberirdische Magnetschwebebahn nach Weißensee ins Spiel brachten. Dennis Buchner nennt die Pläne „irre” und auch Tino Schopf fällt es schwer, sich eine Magnetschwebebahn innerhalb des S-Bahn-Rings und darüber hinaus vorzustellen, da die Trassen massiver Betonstützpfeiler durchaus Platz beanspruchen. Manja Schreiner, von uns zu diesen Ideen befragt, sagt, dass der Koalitionsvertrag durchaus Spielraum für innovative Vorschläge lässt. Sie teilt aber nicht die Euphorie anderer Christdemokraten für eine Magnetschwebebahn und spricht sich ebenfalls für die U-Bahn aus.

Langfristig, so die weitgehende Einigkeit am Podium und im Saal, darf der „Brot- und Butter-Ausbau” des ÖPNV nicht zugunsten von zu viel Experimentierfreudigkeit vernachlässigt werden.

Die Berliner Allee: Ein Paradies für niemanden, schon gar nicht für Radfahrer

Das ist keine Übertreibung. Wir als SPD Weißensee kämpfen bereits seit 2015 dafür, dass sich das ändert. Der Nutzungsraum der Berliner Allee muss nach unserer Auffassung neu und gerechter aufgeteilt werden. Wer regelmäßig mit dem Fahrrad fährt, erfährt am eigenen Leib, wie sehr die Berliner Allee ein „Unzustand für Radfahrer” ist, sagt auch Manja Schreiner. Dennis Buchner sieht vor allem im Abschnitt „zwischen Pistoriusstraße und dem Rathaus Weißensee” eine hohe Gefährdungslage für den Radverkehr. Oft ist das Hauptproblem das Fehlen eines einfachen Fahrradweges. Gerade auch wegen der Schmalheit der Berliner Allee bei Abschnitten wie dem zwischen Albertinenstraße und Antonplatz müssen wir uns die Frage stellen, inwiefern dort der Erhalt der permanenten PKW-Stellflächen noch realistisch ist. Hier könnte zusätzlicher Platz für einen Fahrradstreifen entstehen. Dennoch ist uns auch bewusst, wie wichtig es für Betreiberinnen und Betreiber von Geschäften sein kann, beispielsweise für Transporte von Ware mit dem eigenen Wagen in Ladennähe zu parken. Hier muss in Zukunft eine gemeinsame Lösung gefunden werden. Die Einrichtung eines Fahrradstreifens ist für uns als SPD unumgänglich, trotzdem sollen auch Ladezonen für den Lieferverkehr erhalten bleiben.

Neben dem Radverkehr kommt auch der Fußverkehr auf der Berliner Allee nicht unbedingt ins Schwärmen. Tino Schopf findet, dass es vor allem an zusätzlichen Querungsmöglichkeiten mangelt. Er bringt die Idee eines Überwegs beim Peter Edel ins Spiel: „Vor allem für ältere Menschen ist es eine Belastung, denn sie können das Gebäude, aber zum Beispiel auch die Apotheke und die Bushaltestelle auf der selben Straßenseite oft nur durch einen größeren Umweg erreichen, wenn man zum Beispiel aus dem Komponistenviertel kommt.” Denn die Distanz zwischen den Ampelanlagen an der Haltestelle Albertinenstraße und an der Haltestelle Weißer See beträgt immerhin 400 Meter.

Zum Abschluss bittet Georg Heyn, Vorsitzender der SPD Weißensee, die Anwesenden, sich bei all den Projekten in das Jahr 2030 zu versetzen. Dennis Buchner betont dabei die Wichtigkeit der Tramanbindung für Blankenburg-Süd, die bis dahin geschaffen worden sein soll. Manja Schreiner und Tino Schopf verkörpern parteiübergreifende Einigkeit bei der U10: Während sich die Verkehrssenatorin „für 2030 einen Haken an das Thema U10” wünscht und der Bau dann feststehen soll, gibt sich Tino Schopf kämpferischer: „Ab 2030 wäre ein Spatenstich zur U10 schön und auch zeitlich realistisch, wenn nun bei dem Thema endlich alle Kräfte gebündelt werden würden.”

Mit diesen Verkehrsprojekten haben wir uns als SPD viel vorgenommen, denn wir sind überzeugt, dass das alles notwendig ist. Eine gut ausgebaute, funktionierende und verlässliche Verkehrsinfrastruktur ist das Fundament einer starken Gesellschaft. Deshalb ist für uns klar: Beim ÖPNV-Ausbau zu sparen heißt am falschen Ende zu sparen.

Umso mehr freuen wir uns, Ihnen heute von ersten Erfolgen für unseren stetigen Einsatz berichten zu können: So haben wir bereits im März 2023 die sozialdemokratischen Verhandlerinnen und Verhandler mit einstimmig gefassten Beschlüssen gebeten, sich in den Koalitionsverhandlungen für die Weiterentwicklung der Berliner Allee und den Bau einer U-Bahnlinie nach Weißensee einzusetzen. Mit Erfolg: Beide Projekte wurden nahezu wortgleich in den Koalitionsvertrag übernommen. Durch regelmäßige Veranstaltungen zu diesen wichtigen verkehrspolitischen Themen, wie nun auch parteiübergreifend mit Verkehrssenatorin Schreiner persönlich, senden wir Ihnen ein klares Signal: 

Wir bleiben für Sie dran!